Vereinsgeschichte Jo Steinberg

Wie ich zum Deutsch-Russischen-Integrationsverein gekommen bin

Alles begann im Jahr 1998 mit einer kleinen Bericht in der Zeitung. Mitgeteilt wurde, dass sich einige Menschen, die sich in besonderer Weise um die Integration spätausgesiedelter Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion im Geneickener Bahnhof treffen werden und dass Interessierte gerne hinzu kommen dürfen.

Zur damaligen Zeit leitete ich ein Jugendwohnheim mit Sprachschulinternat für junge Spätaussiedler zwischen Schule und Ausbildung. Diese Personen erhielten einen sogenannten „Intensivsprachkurs“ für neun Monate mit Internatsunterbringung. Das Wohnheim war in Neuss und ich lebte seit einigen Jahren in Mönchengladbach. Die Arbeit im Internat, die sich nahezu ausschließlich auf die Vermittlung der deutschen Sprache bezog, war aus meiner Sicht zu wenig, um zugereisten Menschen tatsächlich einen Einstieg in die Gesellschaft zu ermöglichen. Sehr schnell begriff ich, dass es nicht reicht, diese Menschen darauf zu reduzieren, dass sie erstmal gut Deutsch lernen müssen. Alle hatten sie eine persönliche Geschichte und ein kulturelles Erbe in ihrem Rucksack. Wertvolle Kompetenzen und Ressourcen, die hier überhaupt nicht gesehen wurden. Diese Ignoranz auf Seiten der Einheimischen führt oftmals zu Frustration bei den zugereisten Menschen. Hierbei ist die Herkunft (Osteuropa, Südeuropa oder aus anderen Teilen der Welt) letztlich völlig egal. Es kommt auf die Haltung an, wie wir diesen Menschen begegnen.

Ich besuchte ein Treffen dieser Gruppe und traf auf engagierte Menschen aus unterschiedlichen Bereichen. Zugewanderte mit tollen Ideen und Einheimische mit Neugier und der Bereitschaft, wo es geht zu unterstützen.

Ich erinnere mich besonders an zwei Ideen/Projektvorschläge. Es hatte sich ein Chor gebildet, der vor allem die russische Chorkultur weiterleben und andere daran teilhaben lassen wollte und es gab einen Zugereisten, der fest davon überzeugt war, dass die Stadt die Gründung eines Kultur- und Begegnungszentrums sicher mit einer Immobilie und viel Geld fördern würde. Von einem großen Haus mit Bildungsangeboten und kulturellen Veranstaltungen war die Rede.

Als Leiter einer Jugendhilfeeinrichtung waren mir verschiedene Fakten gut bekannt. Eine solche Initiative braucht eine Organisationsform um als Gegenüber bei der Verwaltung ernstgenommen zu werden. Geld, insbesondere öffentliches Geld bedarf Konzepte und Verantwortliche und, es ist schwer daran zu kommen.

Ähnlich wie mir ging es wohl Maria Weihrauch. Sie war von der AWO zu diesen Treffen entsendet und hatte den Auftrag, die Initiative zu unterstützen. Wir beide waren uns nicht nur fachlich schnell einig, wir waren uns auch menschlich sehr sympathisch und sind bis heute befreundet. Da wir beide immer wieder durch Anmerkungen und Vorschläge auffielen, wurden wir schließlich mit Verantwortung „bestraft“.

Wir schlugen vor, einen gemeinnützigen Verein zu gründen und uns als Träger der Jugendhilfe in Mönchengladbach anerkennen zu lassen. Zwei wichtige Voraussetzungen, um an Gelder zu kommen und die Vorhaben anzugehen. Nach dem Ausscheiden des ersten gewählten Vorsitzenden wurden Maria und ich ersatzweise zur Vereinsführung.

Viele Ideen und Projekte hingen immer an einzelnen Personen. In Vereinsversammlungen und Seminaren haben wir versucht, diese Menschen mit ihren Ideen zu fördern und an den Verein zu binden. Gerade solche Persönlichkeiten hatten aber mitunter einen Hintergrund, der sehr rasch berufliche Integration ermöglichte, so dass sie durch neue Belastungen oder Umzüge dem Verein auch leider wieder verloren gingen.

So unterlag der Verein in der konkreten Arbeit stets einem kontinuierlichen Wandel. Mitglieder kamen und gingen, Projekte wurden konzipiert und durchgeführt und auch wieder eingestellt.

Wenn ich auf die Jahre zurückschaue, sehe ich den stetigen Wandel und viele erfolgreiche Aktionen. Die Akteure haben sich verändert im Laufe der Jahre. Die Grundidee jedoch blieb immer erhalten: Gebt zugereisten Menschen ein bisschen Heimat und die Chance, ihre Kompetenzen und Talente einzubringen, am besten, im multikulturellen Austausch. Ich bin stolz auf das, was wir da vor vielen Jahren angestoßen und mit aufgebaut haben.

Im Oktober 2020 Jo Steinberg

 

 

 

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